Tabuthemen bei Frauen: Was wir verschweigen – und warum sich das ändern darf

Tabuthemen bei Frauen: Was wir verschweigen

1. Was sind eigentlich Tabuthemen – und warum sie uns betreffen

Tabuthemen sind wie unsichtbare Grenzen in unserem Leben. Grenzen, über die „man“ nicht spricht – nicht in der Familie, nicht im Freundeskreis, oft nicht einmal mit sich selbst. Manche Tabus sind offensichtlich: Sexualität, Tod, Geld, Gewalt. Andere sind viel subtiler. Sie tauchen auf in Gesprächen, die plötzlich abbrechen. In Blicken, die ausweichen. In dem Kloß im Hals, wenn jemand etwas sagt, das zu nah an die eigene Erfahrung kommt.

„Kennst du das Gefühl, wenn du etwas sagen willst und dir die Worte im Hals stecken bleiben?“

Wir glauben oft, dass Tabus vor allem andere betreffen – andere Familien, andere Kulturen, andere Generationen. Aber die Wahrheit ist: Jede von uns trägt eigene Tabus mit sich herum. Manchmal sind die Tabuthemen bei Frauen so gut verpackt, dass wir sie für „kein Thema“ halten.

Und genau deshalb wirken sie so stark: Sie steuern unser Verhalten, unsere Entscheidungen, unser Schweigen – unbewusst.

2. Welche Tabuthemen gibt es und warum sind sie uns nicht bewusst?

Tabus sind nicht nur große, dramatische Themen. Sie sitzen mitten im Alltag. Das passiert oft unbewusst – wir merken gar nicht, wie sehr wir uns innerlich den Mund verbieten. Manche haben wir von klein auf gelernt, andere sind erst später dazugekommen. Oft erkennen wir sie daran, dass sich unser Körper anspannt, unser Herz schneller schlägt oder wir innerlich denken: „Darüber rede ich jetzt lieber nicht.“

2.1 Gesellschaftliche Tabuthemen

In unserer Gesellschaft gibt es viele Themen, über die kaum offen gesprochen wird: psychische Erkrankungen, Altersarmut, Kinderlosigkeit, Fehlgeburten, Menstruation, Wechseljahre, sexualisierte Gewalt. Oder auch Gefühle, die nicht ins Bild passen – Wut, Neid, Überforderung.

Stell dir vor:

Du sitzt mit Kolleginnen in der Mittagspause, und eine erzählt, dass sie wegen einer Depression mehrere Monate krank war. Es wird kurz still. Jemand wechselt schnell das Thema. Keiner fragt nach, wie es ihr heute geht.

2.2 Familiäre Tabuthemen

In vielen Familien gibt es Geschichten, die nicht erzählt werden. Konflikte, die nie angesprochen wurden. Gefühle, die keinen Platz hatten. Vielleicht kennst du Sätze wie „Das bleibt unter uns“ oder „Darüber redet man nicht“. Oft sind diese Tabus Generationen alt – und wirken trotzdem noch heute in uns weiter.

Beispiel:

Deine Mutter sagt im Nebensatz, dass sie als Kind oft allein war, weil ihre Eltern viel gearbeitet haben. Du fragst: „Wie war das für dich?“ Sie lächelt knapp: „Ach, das war damals halt so.“ Das Thema ist damit beendet – und bleibt unausgesprochen im Raum.

2.3 Persönliche Tabuthemen

Das sind die Themen, bei denen du selbst innerlich stoppst. Vielleicht, weil sie mit Scham belegt sind. Vielleicht, weil du Angst vor Ablehnung hast. Oder weil du gelernt hast, dass deine Gefühle „nicht richtig“ sind. Diese persönlichen Tabus sind oft eine Mischung aus dem, was die Gesellschaft und die Familie vorgegeben haben – und dem, was du daraus für dich übernommen hast.

Kennst du diese Situation:

Du bist mit einer Freundin verabredet und merkst, dass du eigentlich wütend bist, weil sie dich oft versetzt. Du lächelst trotzdem, sagst „Alles gut“ – und redest lieber über ihren Stress im Job. Deine eigenen Gefühle bleiben unausgesprochen.

Tabus wirken auf allen Ebenen gleichzeitig – gesellschaftlich, familiär und persönlich.

3. Sieben Gründe, warum wir nicht über Tabus sprechen

Es gibt viele Gründe, warum wir den Mund halten – selbst wenn es uns innerlich fast zerreißt. Manche davon sind uns bewusst, andere laufen automatisch ab. Hier sind sieben, die ich immer wieder bei Frauen erlebe – und vielleicht erkennst du dich in einem oder mehreren wieder.

3.1 Du hast Angst, andere zu enttäuschen

Vielleicht hast du gelernt: Es ist wichtiger, dass alles harmonisch verläuft, als dass du ehrlich aussprichst, was du gerade fühlst. Du willst niemandem wehtun, keine Erwartungen zerstören, keinen Streit auslösen – dich nicht zumuten. Also schluckst du runter, was du eigentlich sagen willst – und zahlst den Preis selbst.

Der Preis? Du verlierst den Kontakt zu dir – fühlst dich bedrückt, unzufrieden, spürst, dass du dir selbst nicht mehr gerecht wirst. Und mit jedem unausgesprochenen Satz entfernst du dich noch ein Stück mehr von dir selbst. Irgendwann merkst du gar nicht mehr, was du eigentlich willst – weil dein Blick nur noch darauf gerichtet ist, was die anderen brauchen. Ein klassischer Fall von People Pleasing.

3.2 Du schämst dich

Scham ist wie ein innerer Maulkorb. Sie sagt dir: „Mit dir stimmt etwas nicht – behalte das lieber für dich.“ Du fühlst dich nicht wohl in deinem eigenen Körper, weil du das Gefühl hast falsch zu sein. Oft trägst du diese innere Stimme schon so lange mit dir, dass du gar nicht mehr merkst, wie oft sie dich klein hält.

3.3 Du willst loyal sein, gegenüber der Herkunftsfamilie, dem Partner, dem beruflichen Umfeld

Loyalität klingt ehrenwert – aber wenn sie bedeutet, dass du dich selbst verrätst, ist sie ein Käfig. Gerade in der Familie, in Partnerschaften oder im Job kann der Wunsch, „dazuzugehören“, stärker sein als der Drang, ehrlich zu sein.

3.4 Du fühlst dich unsicher, ob das Gefühl oder Bedürfnis „berechtigt“ ist

Vielleicht hast du schon erlebt, dass andere deine Gefühle kleinreden oder abwerten. Also fragst du dich selbst: „Stelle ich mich gerade an? Übertreibe ich?“ Diese Selbstzweifel sind oft genug Grund dafür, still zu bleiben.

3.5 Du glaubst, dass es „zu spät“ ist – dass du jetzt eh nichts mehr ändern kannst

Du hast dich jahrelang angepasst. Hast Rollen erfüllt, die nicht deine waren. Und irgendwann denkst du: „Ich mache das schon so lange – jetzt kann ich es nicht einfach ändern.“ Doch genau das ist der Trugschluss. Es ist nie zu spät, neue Schritte zu gehen, egal wie lange du geschwiegen hast.

3.6 Du trägst „unbewusst“ geschichtliches Erbe in dir

Über viele Generationen war es für Frauen gefährlich, ehrlich zu sein. Zu laut, zu frei, zu eigenständig – wer zu viel ausgesprochen hat oder zu ehrlich war wurde entweder ausgestoßen, abgelehnt oder bestraft. Diese Erfahrungen haben Spuren hinterlassen: Bis heute erleben Frauen, dass sie schneller überhört, abgewertet oder nicht ernst genommen werden. Kein Wunder also, dass du heute unbewusst noch viel zu oft nicht aussprichst, was du wirklich denkst.

3.7 Du hast nie erlebt, dass es okay ist, offen über Tabuthemen zu sprechen

Wenn niemand in deinem Umfeld je ehrlich über solche Dinge gesprochen hat, fehlt dir das Vorbild. Da du es nicht kennst, nicht gewohnt bist, nie erlebt hast, fühlt es sich gefährlich an über Tabuthemen zu sprechen. Schon in dem Momente, in dem du es erwägst, reagiert dein Körper: Enge, Unruhe, Alarm. Dein System will dich schützen – und das bedeutet, das Thema wegzudrücken und lieber still sein.

Vielleicht hast du gerade das Gefühl das ist gar nicht so einfach zu verändern. Es lohnt sich aber. Denn was passiert, wenn wir all das weiter verschweigen? Genau das schauen wir uns jetzt an.

4. Die gravierenden Folgen, wenn du ein Tabuthema nicht aussprichst

Ein Tabuthema zu verschweigen, heißt nicht, dass es verschwindet. Es verschiebt sich nur – nach innen. Und dort arbeitet es weiter. Leise. Hartnäckig. Oft über Jahre – vielleicht dein ganzes Leben lang.

Du schluckst so oft Worte hinunter, dass du irgendwann kaum noch Luft bekommst. Dein Körper zeigt es dir auf vielen Wegen: ein verspannter Nacken, Druck im Brustkorb, der Magen, der sich immer wieder zusammenzieht, oder ein Kopf voller Gedanken. Nach außen merkt das niemand – aber du spürst, wie es dich von innen auffrisst. Und irgendwie beschleicht dich das Gefühl, nie wirklich abschalten zu können.

Dann zeigt es sich als diffuse Unzufriedenheit ohne klaren Grund – oder als Gereiztheit, die im falschen Moment ausbricht, weil sie sich lange angestaut hat. Während dein Verstand versucht, alles unter Kontrolle zu halten, macht dein Körper unmissverständlich deutlich, dass dich etwas wirklich belastet.

Das Wegdrücken kostet Kraft. Viel Kraft. Du brauchst Energie, um das, was in dir ist, unter Verschluss zu halten. Energie, die dir dann fehlt – für Freude, Kreativität, Nähe, Lebendigkeit.

Und oft verändert es auch deine Entscheidungen:

  • Du gehst Wege, die nicht wirklich deine sind.
  • Du bleibst in Beziehungen, Jobs oder Rollen, die dich klein halten.
  • Du triffst Entscheidungen, die mehr von deinem Schweigen bestimmt sind – statt von dem, was du dir wirklich wünschst.

Das Gefährliche daran? Mit der Zeit denkst du vielleicht, so sei dein Leben eben. Und merkst gar nicht, dass du deine eigenen Träume verrätst und wie du eigentlich leben möchtest. Du lebst das Leben nach den Erwartungen anderer und das kann einer der Gründe sein, warum du nicht glücklich bist und dich oft klein und eingeengt fühlst.

Also ist hier der entscheidende Punkt das Ganze zu verändern.

5. Fünf konkrete Schritte, wie du mit Tabuthemen umgehen kannst

Es braucht nicht den großen Knall, um ein Tabu zu lockern. Oft sind es kleine, klare Schritte – die in Bewegung bringen, was lange festgehalten wurde. Hier sind fünf davon.

5.1 Erkenne, was in dir los ist

Achte auf deine inneren Signale: Unruhe, Widerstand, Enge, Erschöpfung. Dein Körper weiß oft früher als dein Kopf, dass etwas nicht stimmt. Nimm diese Hinweise ernst – auch wenn du sie noch nicht zuordnen kannst.

5.2 Finde Worte – erst einmal für dich

Schreib auf, was dich bewegt. Sprich es laut aus, auch wenn niemand zuhört. Es geht nicht darum, sofort das perfekte Vokabular zu finden – sondern darum, dir selbst zuzuhören.

5.3 Werde neugierig auf dich und auf das, was du dir wirklich wünschst

Was wäre, wenn es das Tabu nicht gäbe? Wenn du über das, was dich blockiert einfach reden könntest? Wie sähe dein Leben aus, wenn du nichts mehr verbergen müsstest? Diese Fragen öffnen Türen – selbst dann, wenn du sie nicht sofort beantwortest.

5.4 Suche dir einen sicheren Raum – in dem du dich zeigen darfst

Schau mal in deinem Umfeld: Wo ist ein Mensch, eine Gruppe, ein Ort, an dem du dich nicht erklären musst. Wo wirst du nicht bewertet, kannst einfach sein und kannst beginnen mit Menschen ins Gespräch kommen – zu Themen die dich innerlich tief beschäftigen.

5.5 Jeder Schritt zählt

Ob du eine Grenze setzt, ein Gespräch beginnst oder nur einen Satz für dich denkst – es ist ein Anfang. Tabus lösen sich nicht an einem Tag. Aber jeder Schritt nimmt ihnen ein Stück Macht. Vermeintlich kleine Schritte bewegen oft mehr als große Vorsätze. Fang jetzt an.

Veränderung beginnt in dem Moment in dem du anfängst, Tabuthemen Schritt für Schritt zu benennen. Du musst nicht alles aussprechen – aber du darfst beginnen, dich selbst wahrzunehmen. Erkennen, wo du dich zurückhältst. Jeder Schritt, den du gehst, bringt dich ein Stück näher zu dir.

Das Bewusstsein dafür ist der erste Schritt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das manchmal nicht reicht, weil die Themen unbewusst abgespeichert sind und Muster ablaufen, die uns immer wieder in dieselben Reaktionsschleifen führen.

Wenn du merkst, dass du diesen Weg nicht alleine gehen kannst oder willst, und du dir dafür Unterstützung wünscht, bin ich da für dich. Ich begleite Menschen, die sich viel zu lange verboten haben auszusprechen, was wirklich dran ist. Gemeinsam schauen wir uns deine Tabuthemen in einem geschützten Raum an.

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Sabine Fraunholz

Mentorin für Frauen

Erfahrungen, Gedanken und Klartext für Frauen, die sich mutig zeigen wollen.

28. September 2025